Tarifseminar 2019

Die Ergebnisse der Einkommensrunde 2019 für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder standen im Mittelpunkt des diesjährigen VBE Tarifseminars, das vom 04.06. – 06.06.2019 in Berlin stattfand. Als Stammgast wurde Andreas Winter vom Geschäftsbereich Tarif der dbb Bundesgeschäftsstelle auch in diesem Jahr wieder begrüßt. Er erläuterte den Tarifabschluss sehr detailliert. Die erreichten Entgelterhöhungen von insgesamt mindestens 7,59 Prozent in drei Schritten werden auch vom VBE und seinen Mitgliedern positiv bewertet. Einige wichtige Forderungen des VBE konnten in der Tarifrunde mit der TdL nicht durchgesetzt werden. Bei der Weiterentwicklung der Entgeltordnung-Lehrkräfte sind wir trotz der Erhöhung der Angleichungszulage auf 105 Euro noch weit von unserem Ziel der Paralleltabelle entfernt. Schmerzhaft für alle Betroffenen ist zudem, dass die stufengleiche Höhergruppierung von den Arbeitgebern im Länderbereich strikt abgelehnt wird. Der stellvertretende VBE Bundesvorsitzende für den Tarifbereich, Jens Weichelt, würdigte ausdrücklich die gute Aktionsbereitschaft der Landesverbände von der ersten bis zur letzten Verhandlungsrunde. Die Ergebnisse dieser Einkommensrunde konnten nur gemeinsam mit unseren Mitgliedern erreicht werden. Der ganz besondere Dank des VBE gilt allen Lehrerinnen und Lehrern für ihre Teilnahme an Warnstreiks und Kundgebungen.

Nach Beendigung der Redaktionsverhandlungen werden die Tarifvertragsparteien erneut Tarifverhandlungen über die Weiterentwicklung der Entgeltordnung Lehrkräfte führen. Der VBE hatte bereits 2018 seine Vorstellungen in die Forderungsfindung unserer Spitzengewerkschaft dbb eingebracht. Die Tarifexperten des VBE diskutierten auch Strategien für künftige Tarifrunden. In anderen Wirtschaftsbereichen (z. B. Post, Bahn) konnten sich die Beschäftigten für „Freizeit statt Geld“ nach Tarifabschlüssen entscheiden. Im Rahmen des Tarifseminars wurden Vor- und Nachteile solcher Modelle analysiert und Möglichkeiten der Anwendung im Lehrkräftebereich erörtert.

Ein ganz besonderes Interesse finden bei den Teilnehmern des VBE Tarifseminars aktuelle Entwicklungen in den Ländern. In ihrem Vortrag stellte Marlies Kulpe ihr Heimatland Rheinland-Pfalz und Eckdaten des Schulsystems vor. Wie in den meisten Ländern sind Lehrerinnen und Lehrer in der Regel Beamte. Infolge von Nullrunden und fünf Jahre andauernden Erhöhungen von jeweils nur 1 Prozent hielt das Land gemeinsam mit Berlin über einen längeren Zeitraum die Rote Laterne bei der Beamtenbesoldung. Jetzt ist eine Trendwende geschafft. Neben der Übertragung des Tarifergebnisses werden in 2019 und 2020 die Tabellenwerte jeweils um zusätzliche 2 Prozent erhöht. Das macht das Land attraktiv für den Lehrernachwuchs: Für 723 zu besetzende Stellen gibt es fast 5.000 ausgebildete Bewerber. Obwohl davon fast die Hälfte eine Gymnasiallehrerausbildung hat, gibt es in allen Schularten mehr Bewerber als Stellen. Neben der Bezahlung kann der VBE Rheinland-Pfalz auf eine Reihe von weiteren Verbesserungen verweisen, für die er sich stark gemacht hat. Vertretungslehrkräfte erhalten auch während der Sommerferien ihr Entgelt. Es gibt zusätzliche Planstellen und der Vertretungspool wurde ausgebaut. Referendare an Förderschulen erhalten vorab Einstellungszusagen und Einstellungstermine sind flexibler. 

Insbesondere in den neuen Bundesländern ist die Bewerberlage meist sehr problematisch. Michael Blanck berichtete, dass in Mecklenburg-Vorpommern von den 700 ausgeschriebenen Stellen im Schuljahr 2018/2019 ca. 30 Prozent mit Seiteneinsteigern besetzt wurden. Absolventen mit Grundschullehrerausbildung entscheiden sich zunehmend für Bundesländer, in denen sie mit A 13 bezahlt werden. Der VBE in Mecklenburg-Vorpommern setzt sich derzeit besonders für die Senkung des Regelstundenmaßes, Beförderungsstellen in allen Schularten und eine dritte Altersermäßigungsstunde ein.

Thüringen hat sich mit der Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrkräften besser aufgestellt, um im Wettbewerb um den Lehrernachwuchs mithalten zu können. Mit einer Lehrerwerbungskampagne wird das zusätzlich unterstützt. Jörg Ehrhardt verwies auf weitere Maßnahmen in seinem Bundesland. Nachdem Regelschullehrer rückwirkend zum 1.1.2018 eine Zulage zur A 12 bzw. EG 11 erhielten, sollen sie ab 2020 nach A 13 bzw. EG 13 bezahlt werden. Ein-Fach-Lehrer werden gleichgestellt. Funktionslose Beförderungen nach A 14/EG 14 werden in Thüringen abgeschafft, Fachberater und Fachleiter erhalten Stellenzulagen.

Katlen Worotnik referierte zur Umsetzung des Handlungsprogramms im Freistaat Sachsen. Das einzige Bundesland, das seit 1990 keine Lehrer verbeamtet hat, praktiziert das jetzt seit Beginn des Jahres 2019 für alle Lehrkräfte bis zur Altersgrenze von 42 Jahren. Lehrkräfte mit Grundschullehrerausbildung an allen Schularten, einschließlich mit DDR Abschlüssen, wurden nach A 13 bzw. EG 13 höhergruppiert und für 20 Prozent der Lehrkräfte aller weiterführenden Schularten sind Höhergruppierungsmöglichkeiten nach EG 14 vorgesehen. Tarifbeschäftigte Lehrerinnen und Lehrer, die in EG 13 eingruppiert sind und aufgrund ihres Alters nicht verbeamtet werden können, erhalten eine Zulage („EG 13 Z“).

Seit dem 1. Januar 2017 wird in allen Schularten im gesamten Umfang der geleisteten Mehrarbeit eine Vergütung gewährt. Lehrerinnen und Lehrer können ab dem 63. Lebensjahr (in der Praxis ab darauffolgendem Schulhalbjahr) eine Zulage nach TV-L § 16 (5) erhalten, wenn sie weiterhin unterrichten und entsprechender Bedarf besteht. Drei Stunden Altersermäßigungen werden bei Erreichen des jeweiligen Lebensalters gemäß den Festlegungen aus dem Maßnahmenpaket der Staatsregierung von 2016 gewährt. Zu Beginn des Referendariats für die Schularten Grundschule, Förderschule und Oberschule kann eine Einstellungsgarantie gegeben werden, bei Gymnasien und Beruflichen Schulen für bestimmte Fächer. Referendare an Schulen im ländlichen Raum können einen Anwärtersonderzuschlag in Höhe von maximal 70 Prozent des Anwärtergrundbetrags erhalten, d. h. über 1.000 Euro monatlich.

Traditionsgemäß war auch der VBE Bundesvorsitzende, Udo Beckmann, ein willkommener Gesprächspartner auf dem Tarifseminar. Die Initiativen des Bundesverbandes fanden große Zustimmung bei den Seminarteilnehmern.

Der Blick über den Tellerrand lohnt sich. Leider konnten an dieser Stelle die Inhalte des dreitägigen Tarifseminars nur stark verkürzt wiedergegeben werden. 

Jens Weichelt