Dortmund, Inklusion Digitalisierung Bildungsfinanzierung

Gute Schule geht nur ohne Rotstift

Herbsttagung Deutscher Lehrertag 2014 in Dortmund eröffnet

Mit rund 1000 Teilnehmern findet heute die Herbsttagung des diesjährigen Deutschen Lehrertages im Dortmunder Kongresszentrum Westfalenhallen statt. Unter dem Motto „Herausforderung Schule“ bietet der größte bundesweite Fortbildungstag für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen Fachvorträge und Workshops rund um den Arbeitsplatz Schule. Hauptreferenten sind der Tübinger Bildungsforscher Ulrich Trautwein und der Kölner Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz. In den
42 Workshops am Nachmittag geht es um die Schwerpunktthemen Inklusion in der Schule sowie Unterricht mit digitalen Medien. 

Erstmals gab es in diesem Jahr bereits eine Frühjahrstagung des Deutschen Lehrertages im Rahmen der Leipziger Buchmesse. Frühjahrs- und Herbsttagung insgesamt verzeichnen 2000 Teilnehmer, was einen Rekord darstellt. Der Deutsche Lehrertag ist eine Veranstaltung von Verband Bildung und Erziehung (VBE) und Verband Bildungsmedien e.V.. 

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„Appelle an unser Berufsethos und Lehrerlob in Sonntagsreden verdecken nicht, wie es um die tatsächlichen Rahmenbedingungen in den Schulen steht“, stellte
Udo Beckmann, VBE-Bundes- und Landesvorsitzender NRW, auf der Eröffnung fest. Er verwies auf die Schaffung einer inklusiven Schule und das digitale Lernen. „Die Politik weckt hohe Erwartungen an Schule in der Öffentlichkeit, aber nachhaltige Strategien sind nicht erkennbar, wie diese Aufgaben finanziert und umgesetzt werden sollen.“ Beckmann forderte erneut, „Bund und Länder müssen auch im Schulbereich miteinander kooperieren“. Die Gelder von Bund und Ländern müssten gebündelt für die großen Herausforderungen eingesetzt werden, so Beckmann. 

Beckmann weiter: „Wer glaubt, inklusive Schule auch nur ansatzweise kostenneutral hinzubekommen, ist auf dem Irrweg. Die Politik steht in der Pflicht, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Kinder mit und ohne Handicap zu Gewinnern der Inklusion werden.“ Es müsse verhindert werden, die Inklusion sowohl in der Bildung als auch gesamtgesellschaftlich vor die Wand zu fahren.

Mit Blick auf die digitale Schule forderte Beckmann Länder und Schulträger auf: „Es muss selbstverständlich sein, dass die Schule über die notwendige Ausstattung verfügen kann, um digitales Lernen zu praktizieren. Die IT-Ausstattung im überwiegenden Teil der Schulen ist aber mittelalterlich. Es fehlt auch an personellen und zeitlichen Ressourcen.“ Eine aktuelle forsa-Repräsentativbefragung von Lehrkräften im Auftrag des VBE zeige, so Beckmann, dass Länder und Schulträger das Thema IT als Privatvergnügen der Lehrkräfte handhaben. Mehr als ein Viertel der befragten Grundschullehrkräfte habe keinerlei Zugang zu einem dienstlichen PC. Nur die Hälfte aller befragten Lehrkräfte verfüge über eine geschützte
Dienst-E-Mail-Adresse. Um die Wartung der IT-Ausstattung würden sich mehrheitlich die Fachlehrer kümmern, obwohl dies in Verantwortung der Schulträger liege. „Trotzdem geben allein in Nordrhein-Westfalen neun von zehn befragten Lehrkräften an, sie nutzen digitales Unterrichtsmaterial und das Internet im Unterricht“, so Beckmann. Die dafür notwendigen Kenntnisse würden sie sich überwiegend auf privatem Wege aneignen. 

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Auch Wilmar Diepgrond, Vorsitzender des Verband Bildungsmedien e.V., rief die Politik auf: „Investieren Sie mehr in Bildung! Jeder Euro zahlt sich doppelt aus!“ Diepgrond sprach sich insbesondere für eine deutliche Erhöhung des Bildungsmedienetats in Nordrhein-Westfalen aus, der sich seit Jahren auf äußerst niedrigem Niveau bewegt. Weiter forderte er eine bessere Unterstützung der Lehrkräfte: „Wir haben für diese Veranstaltung den Titel ‚Herausforderung Schule‘ gewählt. Wir haben diesen Titel deshalb ausgesucht, weil Schule in ihrer Gesamtheit grundsätzlich alle Beteiligten fordert.“ Die Schulpolitik müsse sinnvolle und effiziente Gelingensbedingungen setzen, damit sich Lehrkräfte den drängenden pädagogischen Fragen widmen könnten: „Wie kann ein binnendifferenzierter Fachunterricht gelingen? Auf welche Weise lässt sich eine Kompetenzorientierung im täglichen Unterricht erreichen? Wo und wie können Bildungsmedien die pädagogische Arbeit unterstützen? Wie kann das selbstständige Lernen gefördert werden? Auf welche Weise kann ein inklusiver Unterricht erfolgreich sein?“ 

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KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann spricht auf der Herbsttagung des Deutschen Lehrertages ab 10.15 Uhr ein Grußwort. Um 10.30 Uhr beginnt der erste Hauptvortrag. Bildungsforscher Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Tübingen, stellt dar, von welchen Faktoren guter Unterricht abhängt. Psychiater Dr. med. Manfred Lütz, Köln, spricht im zweiten Hauptvortrag ab 11 Uhr über Burnout-Fallen und wie man diese umgehen kann. Ab 12.45 Uhr laufen in drei Runden Workshops.