Leipzig, Inklusion

Praxisblick statt Elfenbeinturm

Deutscher Lehrertag 2016 Frühjahrstagung in Leipzig

Zum dritten Mal findet der Deutsche Lehrertag im Rahmen der Leipziger Buchmesse statt. Zur heutigen Frühjahrstagung unter dem Motto: „Macht Inklusion Schule?“ sind 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Bundesländern gekommen. Veranstalter des größten bundesweiten Weiterbildungstages für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen sind VBE Bundesverband und Verband Bildungsmedien e. V. in Kooperation mit SLV – Sächsischer Lehrerverband im VBE, VBE Landesverband Sachsen-Anhalt und tlv thüringer lehrerverband. 

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Zur Eröffnung der Frühjahrstagung im Congress Center Leipzig diskutierte MdL Iris Firmenich (CDU), Mitglied der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags und Mitglied des Ausschusses für Schule und Sport, der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann und der stellvertretende Vorsitzende des Verband Bildungsmedien e. V., Wolf-Rüdiger Feldmann, zum Thema Inklusion. 

Beckmann mahnte: „Die Politik darf die Schulen weder mit leeren Versprechungen hinhalten noch mit überstürzten Forderungen belasten. Gelingende Inklusion braucht Praxisorientierung. Entscheidungen aus dem Elfenbeinturm helfen niemandem.“ Erst im Februar veröffentlichte der VBE eine Forsa-Studie zur Berufszufriedenheit von Lehrern. 85 Prozent der Befragten gaben als besonders belastend an, dass Politiker bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht beachten. Der Bundesvorsitzende des VBE fordert daher: „Schulische Inklusion muss endlich unter Qualitätsgesichtspunkten diskutiert werden. Daher gehört in jede inklusive Lerngruppe eine Doppelbesetzung aus Regelschullehrkraft und Sonderpädagoge. Zudem benötigen alle Schulen Unterstützung durch multiprofessionelle Teams. Nur so kann jedes Kind bestmöglich und individuell gefördert werden.“ 

Auch der Schulbau und die Schulsanierung dürfe nicht vernachlässigt werden. Im Mai letzten Jahres hatte der VBE eine, ebenfalls von Forsa durchgeführte, Befragung zu Inklusion veröffentlicht. 52 Prozent der befragten Lehrkräfte hatten angegeben, dass ihre Schule überhaupt nicht barrierefrei ist. Und das, obwohl schon an der Hälfte der Schulen dieser Lehrkräfte inklusiv beschult wird. Zudem bewerteten 77 Prozent der Befragten das Fortbildungsangebot zur Vorbereitung auf die inklusive Beschulung als wenig bis gar nicht gut. Der VBE-Bundesvorsitzende Beckmann fasste zusammen: „Die Überforderung der Lehrerinnen und Lehrer wird mit zu großen Klassen, zu kleinen Räumen, mangelhafter Weiterbildung und fehlender Unterstützung geradezu provoziert.“ Er appellierte: „Es ist an der Zeit zu handeln. Beides ist möglich: Inklusion und gesunde Lehrer. Für das Gelingen sind aber Ressourcen notwendig, die von der Politik bereitgestellt werden müssen.“ 

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Wolf-Rüdiger Feldmann, stellvertretender Vorsitzender des Verband Bildungsmedien e. V., stellte bei der Diskussion fest: „Inklusion ist ohne Zweifel noch immer das Bildungsthema in Deutschland. Denn obwohl sie als gesetzliche Vorgabe natürlich in allen Schulgesetzen verankert ist, gehen die praktischen Erwartungen von Lehrkräften und Eltern, Schüler/-innen und Schulpolitik deutlich auseinander. Insofern ist weiter an den verschiedenen Aspekten zu arbeiten.“ 

Er betonte das Potenzial der Frühjahrstagung als größtem bundesweitem Fortbildungstag für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen. Feldmann bekräftigt: „Der Deutsche Lehrertag 2016 in Leipzig mit seinen mehr als 25 Workshops und Vorträgen ermöglicht es Lehrkräften, sich zum Thema nicht nur fachlich fortzubilden, sondern sich auch untereinander und mit den Vertreter/-innen von Wissenschaft, Bildungspolitik und -wirtschaft auszutauschen.“ 

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Hauptreferent auf der Frühjahrstagung des diesjährigen Deutschen Lehrertages ist der Theologe Prof. Dr. Uwe Becker, Autor des Buches „Die Inklusionslüge. Behinderung im flexiblen Kapitalismus“. Er referiert hierzu. 

Die Veranstaltung findet heute im Congress Center Leipzig statt. Nach der Eröffnung im Saal 1 ab 10.15 Uhr gibt es dort den Hauptvortrag von 10.45 bis 11.45 Uhr. Ab 12.45 Uhr finden in drei einstündigen Runden Workshops zu unterrichtspraktischen und fächerübergreifenden Themen statt.