Schulbau: Es braucht massive Investitionen mit Weitsicht für gleichwertige Lebensverhältnisse
KfW-Kommunalpanel offenbart Rückstände auf Rekordniveau: Anstieg um 50 Prozent
„Der enorme Anstieg des Investitionsrückstaus belegt: Die Manifestation ungleicher Lebensverhältnisse ist in unverantwortlichem Ausmaß hingenommen worden. Denn insbesondere dort, wo aufgrund von Haushaltssicherung in den letzten Jahren wenig investiert werden konnte, wird der Rückstau tendenziell immer größer und werden die Bildungschancen immer geringer“, kommentiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), die Ergebnisse des KfW-Kommunalpanels 2018.
Danach hat sich der Investitionsrückstand der deutschen Kommunen bei Bildungseinrichtungen auf 47,7 Mrd. Euro erhöht. Im Vergleich zur Erhebung aus 2017 (32,8 Mrd. Euro) ein Anstieg um fast 50 Prozent. Der Anteil am Gesamtinvestitionsrückstand der Kommunen (159 Mrd. Euro) beträgt in der aktuellen Erhebung 30 Prozent und stellt damit den größten Einzelbereich dar.
„Die Situation wird durch einen fatalen Teufelskreis verschärft: Es rächt sich jetzt, dass über lange Zeit Personal in den Kommunen abgebaut wurde und nun die erforderlichen Investitionen in Bildungseinrichtungen nicht in notwendigem Maß geplant und umgesetzt werden können“, so Beckmann.
„Die Politik hat es über Jahre hinweg versäumt, rechtzeitig und nachhaltig in die Instandhaltung, Modernisierung und den Neubau von Schulgebäuden und die Infrastruktur zu investieren. Verstärkte Zuwanderung, steigende Geburtenraten, der wachsende Ganztagsbedarf und die voranschreitende Digitalisierung erfordern mehr Plätze in modern ausgestatteten Gebäuden. Schulbau muss zukunftsfähig und an pädagogischen Notwendigkeiten ausgerichtet werden. Dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Essenziell ist die Aufweichung des Kooperationsverbots durch die Änderung des § 104 c GG,“ so Beckmann weiter.
„Zu beachten ist: Jetzt gebaute und sanierte Schulen werden die Bildungslandschaft Deutschlands für die kommenden 50 bis 80 Jahre prägen. Ob Bildung gelingt, das heißt, ob Ganztag flächendeckend erfolgreich wird, ob wir Schule als einen Ort individueller Förderung etablieren, ob wir Inklusion leben, ob wir den digitalen Anschluss bewältigen, all das und noch mehr hängt ganz entscheidend von der Qualität der Schulgebäude ab. Diese Chance müssen wir jetzt nutzen. Deshalb setzen wir uns gemeinsam mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) und der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft für eine an Qualitätskriterien orientierte Förderung von Schulbau ein“, sagt Beckmann und weist auf die Forderung nach einem Schulbaupakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin, der einen qualitativ hochwertigen und innovativen Schulbau zum Ziel hat.
Seit 2013 veröffentlichen der Bund Deutscher Architekten (BDA), die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) zudem „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland“. Diese beschreiben, aktuell in dritter Auflage, wichtige Prinzipien für den Schulbau, geben Empfehlungen zur räumlichen Organisation von Schulen sowie zu spezifischen Raumbedarfen für ausgewählte Funktionsbereiche und weisen auf die erforderlichen Qualitäten von Prozessen und Verfahren im Schulbau hin.
Wichtige Anforderungen für die Investition in leistungsfähigen Schulbau sind:
- Leistungsfähige Schulen haben eine Architektur und ein Raumprogramm, die auf einem pädagogischen Gesamtkonzept basieren.
- Leistungsfähige Schulen sind Orte mit hochwertigen funktionalen und ästhetischen Qualitäten, an denen sich Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, andere Beschäftigte und Besucherinnen und Besucher wohlfühlen.
- Leistungsfähige Schulen sind vielseitig, vielfältig und können sich verändern.
- Leistungsfähige Schulen sind langlebig und wirtschaftlich im Betrieb.
- Leistungsfähige Schulen bieten gesunde und sichere Bedingungen zum Lernen, Leben und Arbeiten.
- Leistungsfähige Schulen und ihre Gebäude sind wichtige Bausteine einer Stadt, einer Gemeinde, eines Quartiers.