Schulleitungen wieder zufriedener – trotz Scheinlösung und Stagnation
forsa-Schulleitungsumfrage im Auftrag des VBE
- Repräsentative Befragung von über 1.300 Schulleitungen zeigt, dass Motivation auf Vor-Corona-Niveau zurück ist. Trotzdem empfiehlt die Hälfte der Schulleitungen ihren Beruf nicht weiter.
- Positiver Trend bei Lehrkräftemangel, jedoch vor allem durch Fachkräfte im Seiteneinstieg. Deren Zahl hat sich seit 2018 fast verdoppelt.
- Kein Fortschritt bei Zukunftsthemen: Zehn Prozent der Schulleitungen geben an, keinen einzigen Klassensatz digitaler Endgeräte zu haben. Zwei Drittel benötigen nach Auslaufen des Digitalpakts weitere Mittel. Recht auf Ganztagsbetreuung kann an einem Drittel der Schulen nicht gewährleistet werden. Es fehlt vor allem an Fachkräften und Räumen.
Anlässlich des vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) und FLEET EDUCATION ausgerichteten Deutschen Schulleitungskongresses (DSLK) hat der VBE auch in diesem Jahr forsa damit beauftragt, eine repräsentative Befragung unter 1.311 Schulleitungen durchzuführen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Kongressverantwortliche des VBE, Tomi Neckov, stellt die Ergebnisse am Freitag in Düsseldorf vor: „Wir sehen, dass die Motivation der Schulleitungen steigt, der Trend zeigt nach oben. Der Corona-Knick ist überwunden. Über zwei Drittel der Schulleitungen können ihre Aufgaben zur eigenen Zufriedenheit häufig erfüllen. Trotzdem würde die Hälfte der Schulleitungen ihren Beruf nicht weiterempfehlen. 2018 waren es noch drei Viertel. Das muss ein Alarmzeichen für die Politik sein.“
Neckov verweist darauf, dass für die Schulleitungen vor allem (sehr) stark belastend sei, dass die Verwaltungsarbeiten steigen (95 %), das stetig steigende Aufgabenspektrum (94 %) und die Anspruchshaltung, dass Schule alle Probleme lösen soll (92 %). Zudem empfinden es 92 Prozent der Schulleitung als (sehr) starke Belastung, dass Politik bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht ausreichend beachtet. „Das Grundparadoxon im Bildungssystem ist, dass jene, die am weitesten von der Schule vor Ort entfernt sind, die Entscheidungen treffen, welche für diese die größten Auswirkungen haben. Ohne die angemessenen Rahmenbedingungen sollen Inklusion und Integration, Ganztag und Digitalisierung umgesetzt werden. Unsere Zahlen zeigen aber unmissverständlich, dass es keinen Fortschritt bei den Zukunftsthemen gibt. Das können wir uns nicht leisten“, so Neckov.
Gefragt nach der digitalen Ausstattung an ihrer Schule, geben wie schon im Vorjahr zehn Prozent der Schulleitungen an, keinen einzigen Klassensatz an digitalen Endgeräten zur Verfügung zu haben. Neckov kritisiert, dass nach Auslaufen des Digitalpakts keine Anschlussfinanzierung bereitgestellt wurde: „Es ist unverantwortlich, die Schulleitungen so hängen zu lassen. Viele Kommunen haben kein Geld, um die Digitalisierung auf eigene Rechnung voranzutreiben. Es braucht die Unterstützung aus dem Bund. Aber darauf werden wir wohl noch länger warten müssen.“
Auch der Ausbau der Ganztagsbetreuung kommt nicht voran. Genau wie im letzten Jahr geben ein Drittel der Grundschulleitungen an, dass kein dem Rechtsanspruch entsprechendes Angebot ab dem Schuljahr 2026/27 sichergestellt werden kann. Es fehlt vor allem an Fachkräften, aber auch an Räumen. Zudem hindern die Bürokratie und fehlende finanzielle Mittel.
Positiv sei, so Neckov, dass sich tendenziell eine Entspannung beim Lehrkräftemangel zeigt. Waren es 2022 36 Prozent der Schulleitungen, die angaben, keine offenen Stellen zu haben, sind es nun 47 Prozent. Dafür sinkt insbesondere der Anteil jener Schulleitungen, die angeben, dass sie drei oder mehr Stellen offen haben (2022: 22 %, 2024: 15 %). Auch das Empfinden, zukünftig „sehr stark“ vom Mangel betroffen zu sein, hat deutlich nachgelassen (2022: 43 %, 2024: 31 %). Den Eindruck, zukünftig nicht (mehr) vom Lehrkräftemangel betroffen zu sein, haben jedoch nur 2 Prozent.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende Neckov warnt jedoch vor einer Scheinlösung des Problems: „Seit 2018 hat sich die Zahl der Schulleitungen, die angeben, Personen zu beschäftigen, die keine originäre Lehrkräfteaus-bildung durchlaufen haben, fast verdoppelt (2018: 37 %, 2024: 68 %). Was das auf lange Sicht für die pädagogische Qualität von Unterricht bedeutet, ist noch nicht klar. Daher muss an dem Weg festgehalten werden, mehr Lehr-amtsstudierende zu gewinnen und Seiteneinsteigende nachzuqualifizieren.“
Qualifizierung ist eines der Top-Themen auf dem Deutschen Schulleitungskongress und den weiteren Kongressen und Foren, die im Rahmen des „Schul-Summit“ stattfinden. Diesen richtet der VBE gemeinsam mit dem Kooperationspartner FLEET EDUCATION aus. Dessen Geschäftsführer Dr. Thomas Köhl verweist auf die starke Nachfrage nach Kongressangeboten zu den Themen Digitalisierung und KI: „Schulleitungen wollen sich den damit verbundenen pädagogischen Herausforderungen stellen. Nicht nachvollziehbar ist, dass es nach Befund der vorliegenden forsa-Umfrage noch immer an zehn Prozent der Schulen nicht einmal einen Klassensatz an I-Pads oder Laptops gibt. Dieses Zukunftsthema darf nicht verschlafen werden. Wir spüren anhand des Feedbacks der Teilnehmenden aus den letzten Kongressen insgesamt eine wachsende Bereitschaft, sich mit der Weiterentwicklung des Bildungssystems zu befassen. Mit dem neuen Zukunftsforum Bildung haben wir daher im Rahmen des DSLK eine Plattform geschaffen, auf der auch das Visionäre seinen Raum hat.“