Bildungstrend nach unten ist Ergebnis von Entprofessionalisierung!
IQB 2024
Der neue IQB-Bildungstrend 2024 zeigt nach Ansicht des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) deutlich: Die Leistungseinbrüche in Mathematik und den Naturwissenschaften sind Konsequenz von Mangelverwaltung und politisch vorangetriebener Entprofessionalisierung des Lehrkräfteberufs. Der stellvertretende VBE Bundesvorsitzende Tomi Neckov kommentiert: „Wenn ein Viertel der Jugendlichen, die im Alter sind, einen mittleren Schulabschluss zu erwerben, den Mindeststandard dafür in Mathematik über alle Schulformen hinweg verfehlt, dann ist das kein Zufall. Und wenn das 2018 nur bei 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Fall war, sendet das ein sehr deutliches Signal. Wir sind der Überzeugung, dass sich nun die Auswirkung jahrelanger Mangelverwaltung und der Entprofessionalisierung des Lehrberufs durch die Politik zeigt.“
Besonders alarmierend bewertet die Gewerkschaft daher den Befund, dass bis zu 20 Prozent der Lehrenden fachfremd unterrichten und der Anteil von Personen im Quer- und Seiteneinstieg weiter steigt. „Studien zeigen eine klare Korrelation: Je geringer die fachliche und didaktische Qualifikation, desto schwächer die Leistungen. Der pragmatische Weg, lieber Unterricht zu machen, als ihn ausfallen zu lassen, zeigt hier seine Grenzen. Es ist eben doch ein Unterschied, ob ich nicht nur weiß, was ich vermittele, sondern auch wie“, erklärt VBE-Vizechef Neckov. Gleichzeitig stellt er klar: „Ich mache niemandem im Seiteneinstieg einen Vorwurf. Im Gegenteil. Hier wird mit Engagement und gutem Willen versucht, die ungünstigen Systembedingungen auszugleichen. Doch ohne angemessene Vorbereitung, ohne Begleitung und oft auch noch fachfremd eingesetzt, ist das einfach ein zu hoher Anspruch. Die Politik nimmt das billigend in Kauf – und eben auch die damit einhergehende Entprofessionalisierung. Dabei ist klar: Die Lehrkraft ist das Fundament jedes Lernprozesses.“
Die Bildungsgewerkschaft fordert daher eine Professionalisierungsoffensive, die Qualifikation, Betreuung und Entlastung gleichermaßen umfasst. Dazu gehören:
- Weiterentwicklung der Lehrkräftebildung,
- begleitete Qualifizierungsprogramme für den Seiten- und Quereinstieg mit verbindlichen Standards für die fachliche und didaktische Qualifikation,
- strukturelle Entlastung der Schulen durch Mitglieder multiprofessioneller Teams und
- eine echte Personalplanung statt Mangelverwaltung.
Zwei weitere Kernprobleme benennt der stellvertretende VBE Bundesvorsitzende Neckov. Im IQB-Bildungstrend wird herausgearbeitet, dass die Leistung vom sozioökonomischen Status der Familie und ihrer Bildungsnähe abhängt. „Dies ist ein Ergebnis, wie es in jeder ähnlich gelagerten Studie herauskommt. Man muss sich ernsthaft fragen, wie oft das noch bewiesen werden muss, bevor ein notwendiger Handlungsdruck entsteht. Die Politik darf sich nicht auf dem Startchancen-Programm ausruhen. Das ist ein guter Impuls, aber muss weiterentwickelt werden. Es braucht mehr Ideen zur Überwindung dieser Abhängigkeit, die auch innerhalb eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses des Auseinanderdriftens des sozioökonomischen Status betrachtet werden müssen“, sagt Neckov.
Die mentalen Auffälligkeiten der Generation, die zu Zeiten ihres Lernbeginns und des Übertritts an die weiterführende Schule von Schulschließungen und Distanzlernen betroffen waren, sind deutlich. Neckov mahnt an, schnellstmöglich darauf zu reagieren: „Wir sind es diesen Jugendlichen schuldig, sie in ihren Sorgen und Nöten zu sehen und uns angemessen um sie zu kümmern. Das ist aber keine Aufgabe für die Lehrkraft, sondern für dafür ausgebildete Therapeuten, Psychologinnen, Sozialarbeiter und Schulgesundheitsfachkräfte.“ Er verweist auch auf die aktuelle Kampagne der Bundesschülerkonferenz „Uns geht´s gut?“