Lehrkräftebildung/-mangel

Lehrkräftemangel als zentrale Krise wahrnehmen und richtig handeln

veröffentlicht am 1. Dezember 2023


Der Mangel an Lehrkräften und weiterem Fachpersonal in den Schulen macht an nationalen Grenzen nicht Halt. Vielmehr ist er bereits weltweit eine enorme Herausforderung für alle an Schule beteiligten Personen. Die negativen Folgen der jahrelangen politischen Fehlplanung in Personalfragen treffen die Bildungseinrichtungen nun mit voller Härte. Fehlende Wertschätzung von Politik, Gesellschaft und Medien, zu geringe pädagogische Entwicklungsperspektiven, Reformbestrebungen ohne angemessene Ausstattung und viele bürokratische Hürden tun ihr Übriges. Ohne quantitativ ausreichendes und angemessen qualifiziertes Personal wird es stetig schwieriger, Grundkompetenzen zu vermitteln und die Kinder und Jugendlichen gut auf ihr weiteres Leben vorzubereiten. Die Leidtragenden des enormen Personalmangels sind demnach neben den Lehrkräften und Schulleitungen die Schülerinnen und Schüler. Dies wirkt sich bereits jetzt auf die Bildungsqualität und somit auf unsere gesamte Gesellschaft aus und wird sich perspektivisch noch verstärken.

Die Bildungsgewerkschaften Verband Bildung und Erziehung (VBE), der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) und die Gewerkschaft Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer Österreich (GÖD-aps) rufen die Politik dazu auf, umgehend und nachhaltig mit allen verfügbaren Mitteln zu reagieren.

1. Die Politik muss die akute Überlastung der Lehrkräfte kurzfristig vor allem durch Entlastung von Verwaltungsarbeiten und den Einsatz multiprofessioneller Teams abmildern!

Gesellschaftliche Herausforderungen und bildungspolitische Weiterentwicklungen, wenngleich pädagogisch sinnvoll, erhöhen die Arbeitslast für Lehrkräfte, da sie nicht angemessen personell aufgefangen werden. Besonders jene Aufgaben, für die Lehrkräfte nicht originär ausgebildet sind, belasten den Arbeitsalltag zusätzlich. Beispielsweise für Aufgaben aus den Bereichen IT und Verwaltung aber auch für die fachkundige medizinische Betreuung chronisch kranker Kinder oder von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung müssen externe und dafür ausgebildete Fachkräfte für die Arbeit in den Schulen gewonnen werden. Bleibt diese Entlastung aus, werden immer mehr Lehrkräfte, die sich heute noch im Dienst befinden, aufgrund massiver Überlastung aus dem Dienst aussteigen und die Lage in unseren Schulen wird sich weiter verschlechtern. Maßnahmen, die zuungunsten der Lehrkräfte stattfinden, wie beispielsweise die Reduzierung von Teilzeit oder eine Erhöhung der Deputate, lehnen wir aus demselben Grund strikt ab. Darüber hinaus braucht es mehr und umfassende Angebote zur Gesunderhaltung der Lehrkräfte, die sich bereits im Dienst befinden. Andernfalls werden mehr und mehr Lehrkräfte auch krankheitsbedingt aus dem Beruf aussteigen.

2. Eine Absenkung der Ausbildungsqualität muss verhindert werden!

Die hektischen und halbherzigen Maßnahmen zur kurzfristigen Gewinnung von Lehrkräften, beispielsweise über die Beschäftigung von Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern, gehen in der Regel mit einer Absenkung oder gar einem Verzicht der Zugangsvoraussetzungen einher. Die Folge ist ein langfristiges Absinken des Bildungsniveaus. Um dies zu verhindern, müssen – wo dem Mangel nicht ohne den Einsatz von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern begegnet werden kann – diese angemessen vorqualifiziert werden und berufsbegleitend bis zur vollen Lehrbefähigung und ohne Senkung der geltenden Ausbildungsanforderungen weiterqualifiziert werden. Im Grundsatz muss gelten: Für den Seiteneinstieg muss ein Abschluss auf Masterniveau/eine gleichwertige Ausbildung erworben worden sein oder berufsbegleitend erworben werden können. Zudem brauchen die an Schule für sie Verantwortlichen ausreichend Zeit, um sie zu begleiten und zu fördern.

3. Die Politik muss schnellstmöglich mittel- und langfristige Maßnahmen zur Gewinnung neuer Lehrkräfte entwickeln und umsetzen!

Es führt kein Weg daran vorbei, wieder mehr junge Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen. Doch es reicht nicht aus, nur mehr Studienplätze zu schaffen. Auch die Bedingungen des Studiums müssen sich verändern. Hohe Abbruchquoten zeugen von falschen Studieninhalten, ungenügender Betreuung und einer ungenauen oder gar falschen Vorstellung der Praxis. Zudem muss die Attraktivität des Berufsfeldes deutlich gesteigert werden. Wertschätzung, Unterstützung und Professionalisierung für den Beruf müssen mit geeigneten und nachhaltigen Maßnahmen maximiert werden. Darüber hinaus braucht es landesweit erfolgreiche Personalgewinnungs- und Bildungsqualitätskampagnen und neue, kreative Wege, um junge Menschen für diesen schönen und sinnstiftenden Beruf zu begeistern.


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