79 Prozent der Bundesbürger halten Bildungsrepublik für Worthülse
forsa-Umfrage im Auftrag des VBE:
„Die Bundesbürger sind quer durch alle Altersgruppen, sozialen Schichten und in allen Bundesländern tief enttäuscht, weil die angekündigte Bildungsrepublik von der Politik nicht ernsthaft angepackt wird“, stellte heute VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann bei der Vorstellung der repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag des VBE fest.
Die Umfrage aus Anlass des Weltlehrertages ergab:
1. 79 Prozent der Bundesbürger glauben nicht, dass das Ziel einer Bildungsrepublik noch ernsthaft verfolgt wird. Im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW meinen dies 72 Prozent.
2. 84 Prozent der Bundesbürger (in NRW 85 Prozent) sagen, von Bund und Ländern wird nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt, damit Deutschland Bildungsrepublik werden kann.
3. 96 Prozent (in NRW 95 Prozent) wollen, dass bei Rückgang der Schülerzahl die Ausgaben für Bildung nicht entsprechend gekürzt werden.
4. 70 Prozent (in NRW 68 Prozent) halten eine Kopplung der Bildungsausgaben an die Wirtschaftslage nicht für ausreichend und sind dafür, zusätzlich einen absoluten Mindestbetrag für Bildung unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung zur Verfügung zu stellen.
„Diese Zahlen“, so Beckmann, „sind ein Beleg dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger die Trickserei der Politik durchschauen und ihren Ankündigungen in Sachen Bildung nicht mehr trauen. Der Umgang mit dem Thema Bildungsrepublik und deren Finanzierung zeigt, wie Politik selbst Politikverdrossenheit erzeugt. Selbst unter den Anhängern der Unionsparteien und der FDP bezweifeln inzwischen zwei Drittel, dass die Bildungsrepublik noch ernsthaftes Ziel ist.“
Der VBE-Bundesvorsitzende bekräftigte: „Die Bildungsfinanzierung muss zugunsten der staatlichen Bildungseinrichtungen umgesteuert werden. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für den Bildungsbereich muss fallen. Das Geld muss konzentriert für den Ausbau der Kindergärten, für die individuelle Förderung in allen Schulstufen, für den Ausbau tatsächlicher Ganztagsschulen eingesetzt werden. Der Beschluss des Dresdner Bildungsgipfels ist ohne jeden Abstrich in die Politik umzusetzen.“
Beckmann erinnerte an den Beschluss von Bund und Länder vor zwei Jahren, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben: „Durch krisenbedingten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts die Rechentricks der Finanzminister wird den Bundesbürgern inzwischen weisgemacht, das Ziel der Zehn Prozent sei schon erreicht. Das sind billige, durchschaubare Manöver! Von einer ausreichenden Bildungsfinanzierung sind wir Lichtjahre entfernt.“
„Der VBE kritisiert“, so Beckmann unter Hinweis auf das Projekt „Bildungsketten“ und das Bildungspaket für arme Kinder, „dass die jetzige Bundesregierung für Bildung avisierte Mittel zunehmend an freie Träger und private Einrichtungen lenkt. Auch das ist eine Folge des geltenden Kooperationsverbots, weil der direkte Zufluss in die Länder nicht sein darf. Individuelle Förderung und ‚Potenzialanalysen‘ für abschlussgefährdete Schüler sollen demnach Berufsberater aus freien Bildungsträgern übernehmen. Auch die Förderung sozial benachteiligter Kinder soll von privaten Nachhilfefirmen und anderen freien Trägern übernommen werden. Bildungsgerechtigkeit und individuelle Förderung als schulischer Auftrag sehen anders aus! Nur Dilettanten können meinen, dass auf diesem Wege die Zahl der Schulabbrecher von acht auf vier Prozent gesenkt wird“, so Beckmann weiter.
Der VBE fordert im Einzelnen:
1. Die Bildungsrepublik muss ernsthaftes Ziel bleiben. D.h. die Bildungschancen müssen entkoppelt werden von der sozialen Herkunft der Lernenden.
2. Die zehn Prozent des BIP für Bildung und Forschung müssen bis 2015 realisiert und gleichzeitig muss ein absoluter Mindestsockel für Bildung und Forschung festgelegt werden, damit durch Krisenbedingten Rückgang des BIP nicht weniger Geld für Bildung und Forschung bereitgestellt wird. Der VBE schlägt als Berechnungsbasis das Erfolgsjahr 2007 vor.
3. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für den Bildungsbereich muss fallen.
4. Die Bildungsfinanzierung muss zugunsten der staatlichen Bildungseinrichtungen umgesteuert werden, wenn wir es mit der Bildungsgerechtigkeit ernst nehmen. Deutschland hat sich per Unterschrift zu einem inklusiven Bildungssystem bekannt. Deshalb muss das Geld konzentriert eingesetzt werden für den Ausbau der Kindergärten, für die individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen in allen Schulstufen, für den Ausbau tatsächlicher Ganztagsschulen.
Die demografische Rendite muss bei Rückgang der Schülerzahlen im Bildungssystem bleiben, um vor Ort die Lern- und Lehrbedingungen zu verbessern.