TALIS wieder ohne Deutschland: VBE kritisiert Enthaltung an OECD-Befragung
Die Berufszufriedenheit und Arbeitsbedingungen von Lehrkräften werden hierzulande weiter nicht im internationalen Vergleich abgefragt. Wie schon 2008 und 2013 hat sich Deutschland auch 2018 nicht an der OECD-Befragung „TALIS“ (Teaching and Learning International Survey) beteiligt. Dies geht auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zurück. Der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, kritisierte dieses Vorgehen scharf: „Die Strategie von ‚Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß‘ zu fahren, ist in Zeiten des Lehrkräftemangels geradezu verwerflich. Wer sich ein umfassendes Bild über die Situation von Lehrkräften, auch im internationalen Vergleich, macht, kann doch viel besser auf die Bedürfnisse reagieren. So drängt sich der Verdacht auf, dass die Politik gar kein Interesse daran hat, zu erfahren, wo der Schuh drückt.“
Mit TALIS werden Lehrkräfte über ihr Arbeitsleben in der Schule befragt, wobei sowohl Unterrichtsmethoden, die Teilnahme an Fortbildungen als auch die Art und Weise, wie sich das Kollegium Feedback gibt, im Fokus stehen. Außerdem ist Erkenntnisinteresse der Untersuchung, welche Rolle die Bildungspolitik spielt und ob die Befragten Sorgen wegen der Ressourcenausstattung ihrer Schule haben. Dies hat der VBE von forsa im Jahr 2016 von Lehrkräften abfragen lassen und im Jahr 2018 und 2019 von Schulleitungen. Stets zeigt sich dasselbe Bild, dass sich auch mit den Erkenntnissen der internationalen Studie deckt: Lehrkräfte und Schulleitungen lieben ihren Beruf, lassen sich durch die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern motivieren und haben Interesse an ihrem unterrichteten Fach. Allerdings zeigten die forsa-Befragungen für Deutschland, dass die größte Belastung für die Befragten ist, dass die Politik bei ihren Entscheidungen die Realität in den Schulen nicht ausreichend beachtet. „Möglicherweise ist das ein Grund, weshalb man in Deutschland kein Interesse daran hat, an TALIS teilzunehmen. Schließlich möchte niemand von der OECD präsentiert bekommen, dass man sich zu wenig am Wohl der Lehrkräfte orientiert“, kommentiert Udo Beckmann diesen Umstand.
Interessant ist, dass die internationale Umfrage deutlich zeigt, dass nur noch 78 Prozent einer Unterrichtsstunde dem tatsächlichen Unterricht gewidmet werden kann. In dem Rest der Zeit müssen für Ruhe und Ordnung gesorgt oder administrative Aufgaben für die Klasse durchgeführt werden. Dies ist eine Beobachtung, die auch in Deutschland zu sehen sei, so Beckmann. Demnach führe die steigende Heterogenität in den Klassen zu einem höheren Bedarf an individueller Förderung. Dafür brauche es jedoch quantitativ ausreichendes und qualitativ gut ausgebildetes Personal. Der Bundesvorsitzende des VBE sieht einen Zusammenhang: „Würden sich diese Ergebnisse auch für Deutschland zeigen, müsste man dem Rechnung tragen. So aber stiehlt sich die Politik weiter aus der Verantwortung. Doch wir lassen nicht locker und fordern bundesweit die Einsetzung von multiprofessionellen Teams zur Unterstützung der Lehrkräfte und angemessene Arbeitsbedingungen.“