Integration oder nicht – das ist keine Frage!
Die steigende Heterogenität in den Lerngruppen ist bundesweit längst kein Einzelphänomen, sondern Realität. Dem Rechnung zu tragen, wäre Aufgabe der Kultusministerien. Fort- und Weiterbildung müssten angeboten, die Lerngruppen verkleinert und die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams ermöglicht werden. Doch der Alltag in den Schulen sieht anders aus. Immer wieder gibt es auch interkulturelle Konflikte, die von den Lehrkräften gelöst werden müssen. Gleichzeitig ist es notwendig, die in Schule existierende Vielfalt als Chance wahrzunehmen. Der VBE Bundesvorsitzende, Udo Beckmann, erläuterte bei zwei Veranstaltungen auf der weltweit größten Bildungsmesse „didacta“, die Mitte Februar in Köln stattfand, wie das gelingen kann.
Gemeinsam mit Dr. Klaus Spenlen, Islam- und Migrationsforscher an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit langjähriger Schulerfahrung, stellte Beckmann das Buch „Sondieren, abwägen, handeln – Schule und Islam – wie sich Alltagskonflikte lösen lassen“ vor. Für das Buch hat Dr. Spenlen 90 Alltagskonflikte aufgearbeitet, die ihm im Rahmen seiner Fortbildungen und Forschungsarbeiten angetragen wurden, und seine Darstellungen durch anschauliche Erläuterungen, welche wesentlichen Vorschriften im Islam und für Schule gelten, unterfüttert. Das Buch wird vom Verband Bildung und Erziehung herausgegeben. Der Bundesvorsitzende Beckmann erläutert diese Entscheidung: „Lehrkräfte sind mit besonders herausfordernden Konfliktsituationen konfrontiert, die von ihnen hohe Bewertungskompetenz und differenzierte Lösungen verlangen, für die sie nicht speziell ausgebildet wurden. Wir wollen Lehrkräften mit dem Buch ein rechtssichereres und konfliktlösendes Handeln erleichtern.“
Doch nicht nur die Lösung von Konflikten, auch das Annehmen der Unterschiedlichkeit der Kinder ist ein wichtiges Thema. Zur „Vielfalt in der Schule“ diskutierte Udo Beckmann mit der Journalistin und Aktivistin Kübra Gümüşay und dem Generalsekretär der Kultusministerkonferenz (KMK), Udo Michallik. Beckmann verwies zunächst auf die Ergebnisse der repräsentativen forsa-Umfrage zu Werteerziehung an Schulen. Er betonte, dass Eltern als auch Lehrkräfte zwar die Bedeutung der Vermittlung von Werten sehen, aber bei der Umsetzung große Diskrepanzen feststellen. Es fehle an der Verankerung in Lehrplänen, an Zeit und auch an Bedeutungszuweisung in Abwägung zu anderen Lerninhalten. Michallik bestärkte ihn und äußerte den Wunsch, dass Demokratie genauso gehypt würde, wie die Digitalisierung. Wichtig sei, so Gümüşay, den Lehrkräften keine Schuld zuzuschieben, sondern sie dabei zu unterstützen, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren. So könnte mit Supervisionen und in Fortbildungen gezielt antidiskriminierendes Verhalten erprobt werden. Dies könne dabei helfen, Vielfalt als Chance wahrzunehmen und zum Beispiel die Muttersprache Türkisch genauso wertschätzend anzunehmen wie die Muttersprache Französisch.