Lehrkräftemangel durch ein verändertes Studium bekämpfen
Der Lehrkräftemangel ist hausgemacht. Nicht nur wurde lange Zeit zu wenig eingestellt, nein, es wird auch zu wenig ausgebildet. Aber stimmt das überhaupt? Ist es nicht vielmehr so, dass die Qualität der Lehre und Betreuung nicht ausreicht und das, was sich die Studierenden erhoffen, nicht eingelöst werden kann? Diesen Eindruck gewann, wer Prof. Dr. Koch und Prof. Dr. Radisch, beide von der Universität Rostock, zuhörte. Sie waren eingeladen, bei der in Präsenz stattfindenden Bundesvorstandssitzung des VBE im September in Berlin zu referieren.
Zunächst stellte Professorin Koch heraus, dass es „den“ Mangel gar nicht gebe, da es vor allem um bestimmte Fächerkombinationen ginge. Dies liegt nicht zuletzt an den schlechten Planungen der Kultusministerien: die Methodik der Prognosen lässt zu wünschen übrig und ist nicht fächerspezifisch und die Abstimmung unter den Ländern gelingt nicht. Zusätzliches Problem sei die schlechte Ausbildung, was der hohe Schwund belegt. Noch immer ist der Praxisanteil zu klein, die Fachwissenschaft über- und die Fachdidaktik unterrepräsentiert. Einer eigenen Umfrage unter 800 Lehramtsstudierenden zufolge sprechen sich 92 Prozent von ihnen für ein duales Studium aus. Deshalb hat sie gemeinsam mit dem ehemaligen Bildungsminister Matthias Brodkorb die Idee einer „Lehrerbildungsakademie“ entworfen. Eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis soll einen starken Berufsfeldbezug unterstützen. Durch die Anpassung des Studienjahres auf das Schuljahr können ausreichend Studienpunkte erbracht werden und trotz starker Einbindung in die Praxis nach fünf Jahren das Studium beendet werden. Allerdings ist ein Schwachpunkt der Idee, so die Mitglieder des Bundesvorstandes, die (zumindest bisherige) Fokussierung auf das Grund- und Sonderschullehramt.
Professor Radisch verwies vor allem auf den IST-Zustand des Studiums: hohe Schwundquoten und fehlendes Wissen darüber, wie der bestmögliche Output für die Studierenden überhaupt entsteht. Ist es der Praxisbezug? Sind es „gute“ Lehrende? Was funktioniert – und was nicht? Dazu gibt es kaum Forschung. Zudem werde bei dem Thema Lehrkräftemangel häufig nicht eingerechnet, dass Lehramtsstudierende aufgrund ihrer starken regionalen Verwurzelung kaum mobil sind. Vor allem, um den Lehrkräftemangel in „abgelegener Fläche“ anzugehen, schlägt er die Steuerung von Praxisphasen über verbindliche Praktikumsvereinbarungen vor. Je genauer die Schule ihre Bedarfe kennt (Inklusion, Integration, neue Lehrmethoden oder Umgang mit schwierigen Personen), umso eher könnten die Lehramtsstudierenden mit frühen Verträgen dazu verpflichtet werden, genau diese Module zu besuchen und mit ihrem Wissen das Kollegium bereichern.