Berlin, Inklusion

Große Mehrheit der Bundesbürger für Inklusion

Infratest Meinungsumfrage im Auftrag des VBE

„Gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen in einer wohnortnahen Regelschule stößt bei den Bundesbürgern mit über 70 Prozent auf eindeutige Zustimmung“, bewertet VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann die Ergebnisse der aktuellen Infratest Umfrage im Auftrag des VBE anlässlich des Deutschen Lehrertages 2011, der morgen unter dem Motto „individualisieren, integrieren, inkludieren“ in Dortmund stattfindet. Die repräsentative Erhebung umfasst sowohl bundesweite als auch landesspezifische Daten für NRW.

„Ebenso eindeutig ist die Skepsis der Bundesbürger (70 Prozent) gegenüber der Bereitschaft der Politik, gemeinsames Lernen finanziell abzusichern“, so Beckmann.  „Die Länder müssen ohne Wenn und Aber die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen und ein inklusives Bildungssystem schaffen. Für Verzögerungstaktiken ist die Zeit abgelaufen. Der VBE warnt die Länder vor Etikettenschwindel. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit zweieinhalb Jahren in Kraft und verpflichtet das Unterzeichnerland Deutschland, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, wie dies im Artikel 24 niedergelegt ist. Damit muss jedes Bundesland die Inklusion im Schulgesetz verankern und die nötigen Ressourcen bereitstellen. Inklusive Bildung ist, wenn sie zum Gewinn für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung werden soll, kein Nullsummenspiel. Ein unterfinanziertes inklusives System, dass zu Lasten der Lehrkräfte und Schüler geht, ist mit uns nicht zu machen.“

Zu den repräsentativen Umfrageergebnissen im Einzelnen sagt Beckmann: „Jeder zweite Bundesbürger ist der Auffassung, dass an Grund- und weiterführenden Schulen gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen für alle Kinder dieser Klassen eher Vorteile bringt. 25 Prozent der Bürger bundesweit sowie 32 Prozent der Bürger in NRW sehen sogar große Vorteile gemeinsamen Lernens an der Grundschule und 17 Prozent der Bundesbürger (21 Prozent in NRW) meinen dies für die weiterführenden Schulen. Zugleich halten es 77 Prozent der Bundesbürger insgesamt und 79 Prozent der Bürger in NRW für notwendig, dafür die gegenwärtigen Klassenstärken in den Regelschulen abzusenken. Nur 26 Prozent der Bürger bundesweit und 27 Prozent der Bürger in NRW sehen gegenwärtig in der Politik die Bereitschaft, die finanziellen Mittel für ausreichend viele Lehrer und Sonderpädagogen zur Verfügung zu stellen. 70 Prozent bundesweit und 71 Prozent in NRW vermissen hingegen die nötige Bereitschaft in der Politik.“ Besonders bemerkenswert sei, so der VBE-Bundesvorsitzende, dass sowohl die hohe Zustimmung zur Inklusion als auch die hohe Skepsis an der Politik von den Bundesbürgern quer durch alle Altersgruppen und Einkommensklassen sowie unabhängig von Parteipräferenzen geäußert würden. „Der VBE sieht darin ein unüberhörbares Signal der Bürger an die Politik.“

Der Deutsche Lehrertag 2011 „individualisieren, integrieren, inkludieren“ beginnt am morgigen 18.11., 10 Uhr, im Kongresszentrum der Westfalenhallen Dortmund. Zu diesem bundesweiten Weiterbildungstag haben sich 1.200 Pädagoginnen und Pädagogen aller Schulstufen und Schularten aus den Bundesländern angemeldet. Veranstalter sind VBE, VdS Bildungsmedien und Stiftung Partner für Schule NRW.

KMK-Präsident Dr. Bernd Althusmann und NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann werden am Vormittag zu den Teilnehmern sprechen. Hauptreferent ist Dr. Heinz Klippert vom Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiterbildungsinstitut der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz. Sein Thema: „Gemeinsam lernen – aber wie? Anregungen zum Umgang mit Heterogenität in der Klasse“. Dem schließen sich insgesamt 39 Workshops an, die Erfahrungen und Anregungen für die konkrete schulische Praxis vermitteln.

Hintergrund: Am 26. März 2009 trat in Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft. Damit gilt auch für Deutschland die Verpflichtung, ein inklusives Bildungssystem zu gewährleisten (in der deutschen Übersetzung des Dokuments heißt es jedoch „integratives Bildungssystem“).