Düsseldorf, Inklusion

Bürger wollen Inklusion und misstrauen der Politik

VBE legt infratest dimap Meinungsumfrage vor

„Die bisherige Umsetzung der Inklusion in Deutschland stößt bei den Bürgern zunehmend auf Misstrauen“, warnte heute in Düsseldorf Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und Landesvorsitzender in NRW. Beckmann bezog sich auf die aktuelle infratest dimap Meinungsumfrage im Auftrag des VBE zum gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen. Die Umfrage war erstmals 2011 für Deutschland gesamt und NRW erhoben worden und wurde jetzt wiederholt. 

„Unsere Umfrageergebnisse machen deutlich: Die konkrete Praxis vor Ort stößt Bürger vor den Kopf, obwohl diese die Inklusion grundsätzlich befürworten“, so Beckmann. Nach Ansicht von 71 Prozent der Bundesbürger bringt die Inklusion in der Grundschule mehr Vor- als Nachteile. Auch für die weiterführenden Schulen befürworten 66 Prozent ein gemeinsames Lernen. Gegenüber 2011 gab es keine gravierenden Veränderungen. In NRW allerdings sehen aktuell nur noch 69 Prozent der Bürger (2011: 77 Prozent) Vorteile des gemeinsamen Lernens in der Grundschule. Vorteile der Inklusion in weiterführenden Schulen sehen in NRW nur noch 62 Prozent der Bürger (2011: 73 Prozent). Beckmann stellte fest: „Es besteht die Gefahr, dass die Politik die Inklusion vor die Wand fährt.“ Die Bevölkerung glaube der Politik ihr Versprechen schlichtweg nicht, dass sie die Inklusion mit vernünftigen Rahmenbedingungen versehen wolle. Besonders interessant sei, dass nach wie vor gerade unter den Grünen-Wählern (76 Prozent) und den SPD-Wählern (65 Prozent) die Bereitschaft der Politik, genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, besonders angezweifelt werde. 

79 Prozent der Bundesbürger insgesamt und 77 Prozent in NRW sehen laut Umfrage die Absenkung der Klassenstärken als Voraussetzung für gemeinsames Lernen. „Wie vor zwei Jahren halten also acht von zehn Bürgern eine wesentliche Voraussetzung für die Inklusion für nicht erfüllt“, betonte Beckmann: „Zwei Drittel der Bürger in NRW (2011: 71 Prozent) vermissen die Bereitschaft der Politik, gemeinsames Lernen finanziell abzusichern.“ Auch wenn 2013 mehr als ein Drittel der Bürger eine Bereitschaft der Politik erkenne, gemeinsames Lernen finanziell abzusichern (2011: 27 Prozent), sei das aus Sicht des VBE kein Grund für die Politik, sich zurückzulehnen. 

Beckmann forderte: „Inklusion muss in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung umgesetzt werden. Unsere Umfrage zeigt, dass 73 Prozent der Bürger in Deutschland und 70 Prozent in NRW die Inklusion nicht nur als Aufgabe der Schule sehen. Der VBE fordert einen transparenten Dialog, in dem die Sorgen und Nöte der Beteiligten ernst genommen werden.“ 

„Bund, Länder und Kommunen müssen Inklusion gemeinsam finanzieren“, machte Beckmann klar. „Statt Kooperationsverbot von Bund und Ländern im Bildungsbereich brauchen wir dringend ein Kooperationsgebot.“ In Richtung NRW-Landesregierung sagte Beckmann: „Es müssen mehr Ressourcen bereitgestellt werden, damit der Slogan der Landesregierung ,Kein Kind zurücklassen‘ nicht länger eine Phrase bleibt. Es muss Schluss sein mit der Praxis, die für Inklusion notwendigen personellen, sächlichen und räumlichen Ressourcen unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen.“ 

Beckmann bekräftigte, die Bereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer, sich der Inklusion zu stellen, sei ungebrochen hoch. Er wies auf den Deutschen Lehrertag 2013 hin, der am 29. November im Dortmunder Kongresszentrum Westfalenhallen stattfindet. „Seit 2010 thematisiert der Deutsche Lehrertag die Inklusion und es gibt eine riesige Nachfrage nach guter Fort- und Weiterbildung. Auch diesmal kommen wieder über 1 000 Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen aus allen Bundesländern.“